Der Funke sprang nicht über. Arme und Hände, wichtige Extremitäten mit denen der Zuschauer dem Schauspieler seine Anerkennung mitzuteilen ersuchen sollte, schienen aufgrund der Kälte eingefroren zu sein. Kein Schunkeln, kein Mitklatschen, kein kaum was und das bei ca. 7000 Zuschauern -( insgesamt sahen 14.000 die beiden Shows in Düsseldorf).
Das Publikum sprang bei der Abendvorstellung von „Die 10 Gebote“ im Düsseldorfer ISS Dome erst beim Zugabemedley aus den Sitzen und das hier und da mit einem Ächzen. Ein schweres Unterfangen für alle, die schon während des Pop-Oratoriums Schunkeln oder Klatschen wollten – da blieb der ein oder andere schon mal ein bisschen allein mit sich auf seinem Patz.
Im unmittelbaren Vergleich zur gleichen Aufführung im bedeutsam kleineren Stadttheater Remscheid muss ich sagen, obwohl in Remscheid auf Kostüme und Requisiten verzichtet wurde, der Chor in Remscheid aus 200 Sängern und Sängerinnen und in Düsseldorf aus 2.600 (!!) Personen bestand, war die Stimmung und die Atmosphäre in Remscheid der absolute Wahnsinn und in Düsseldorf eher knapp vorm Einschlafen. Das ist schade.
An der Darbietung lag es nicht, die war technisch und künstlerisch bombastisch.
Auf die biblische Geschichte gehe ich nicht näher ein, die ist bekannt und wenn sie das nicht ist, macht das für dieses Musical auch nichts. Stimmlich stach auch diesmal wieder der Pharao heraus, der – wie auch in Remscheid – von Stefan Poslovski verkörpert wurde. Genial, der Mann. Aus dem Ensemble kannte ich bereits aus Remscheid Silke Braas und Stefan Stara. Alle anderen Rollen wurden von neuen Musicaldarstellern ausgefüllt. Bahar, einst ein Mitglied der Casting-Girlband Monrose, sang diesmal die Ziporah. Gut, aber Silvia Vicinellis, Stimme, die in Remscheid zu hören war, klang kraftvoller und klarer. Toll sang auch die Erzählerin Yosefin Bouhler. Sehr emotionale, klare, kraftvolle Stimme – sofern ich das so als „nur“ Hörer ausdrücken kann.
Special-Effects mit Licht und Musik, schauspielerische Darbietungen, die wenigen Requisiten, bestehend aus dem Stab, den Gebote-Tafeln und einem Goldenen Kalb, sowie ein paar einfache Kostüme gaben der Aufführung diesmal auch etwas für die Augen. Wer sich nur auf die Musik konzentrieren wollte, konnte die Augen schließen, denn der Sound ließ sich wirklich hören.
Phänomenal war der Chor mit über 2600 Sängerinnen und Sängern, der von zwei Dirigenten geleitet wurde. Toll!
Am Ende betrat Dieter Falk persönlich die Bühne und bedankte sich bei allen und speziell bei dem einzigartigen Chor. Und das hatten alle Chorteilnehmer auch verdient, denn ohne Chor funktioniert dieses Pop-Oratorium nicht.
Als negativ muss ich somit eins anmerken. Ich weiß nicht, ob das in dieser Branche normal ist, in der Buchbranche lehne ich es ab, alle Chorteilnehmer mussten einen Teilnehmerbeitrag von 10,- € leisten. Die Leuchtstäbe, die so effektvoll vom Chor während des Liedes von Moses und Ziporah „Hör was dir das Herz befiehlt“ geschwungen wurden, musste jeder Teilnehmer des Chors selbst bezahlen. Plus 3,- €. Es gab ein Catering, gegen Kasse. Immerhin durften sich die Sängerinnen und Sänger auch selbst verpflegen. Die goldenen Tücher, die den goldenen Saal des Pharaos darstellten, waren goldene Isolationsdecken, wie sie in jedem Auto zu finden sind. Toller Effekt, keine Spenden, die brachten die Chöre selbst mit.
Natürlich kostet so ein Event, aber das ist nun einmal das Risiko eines Veranstalters. Dass die Chorteilnehmer kein Honorar bekommen können, ist nachvollziehbar. Ich will mich auch noch mit den 10,- € anfreunden, aber so ein Leuchtstab ist ein Centartikel, der wäre doch wohl mal drin gewesen, inklusive Programmheft und mit Autogrammen der „großen“ Beteiligten für den größten und stimmlich stärksten Effekt des Musicals: Den Chor. Warum denn nicht? Durften sich die Chorteilnehmer nicht auch mal als kleine Stars fühlen? Sie haben schließlich auch über Wochen geübt, CDs und Notenhefte … gekauft.
Ich finde es traurig, dass die Anerkennung für den Chor nicht über einen Applaus hinausging. Somit hatten vermutlich alle Beteiligten der einzelnen Chöre ein tolles, wenn auch anstrengendes, mit zahlreichen Proben verbundenes Erlebnis. Das wiegt die „Nebenkosten“ möglicherweise auf, aber ist das richtig?
Für mich ein unangenehmer Beigeschmack dieser Aufführungen.
Die 10 Gebote im Web und was die Presse meint:
Video bei WDR Düsseldorf von der Generalprobe
Video von einer Probe in Remscheid
Presse zur Aufführung vom 12.02.2011 – Express meint: „Eine wirklich tolle Show!“
Westdeutsche Zeitung zur Aufführung vom 12.02.2011 und findet: „Allein die schiere Menge an weiß gekleideten Sängern ist ein beeindruckendes Bild. “
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