Nicole Rensmann – »Abgelaufen«

Abgelaufen Science-Fiction-Kurzgeschichte

Lesezeichen.

2006 – Science-Fiction

In dem Magazin »Exodus«, Ausgabe 19
07. Juni 2006

ISSN 1860-675X, 68 Seiten, 6,90 € – Ausgabe vergriffen


Seit exakt vier Minuten und 59 Sekunden putzte sich Peter Paprini die Zähne. Sein imaginärer Wecker schellte 1000 Millisekunden später. Er warf die Einmalzahnbürste in den Mülleimer und spülte oberflächlich den Mund aus, so blieben ausreichend Zahnpastareste zurück, die er für die nächste Reinigung benötigte. Mit geübten Griffen zog er sich einen 45 Zentimeter langen, nach Pfefferminz schmeckenden, nicht fasernden Zahnseidestrang ab. Stück für Stück arbeitete er sich an dem Faden entlang. Weitere 30 Sekunden pro Zahnlücke später, was bei 32 Zähnen 15 Minuten ausmachte, beendete er seine morgendliche Mundhygiene. Er gurgelte dreimal mit einem neutralen, Bakterien abtötenden Mundwasser und spülte mit klarem Wasser nach. […]


Rezensionen



Thomas Hofmann (Illustrator) meint:

»Nicole Rensmann lässt sich da bedeutend mehr Zeit und Raum bei ihrer Erzählung. Sie ist ja schon so etwas wie ein Profi, und das merkt man ihrer Schreibe an. Sie erzählt gekonnt, vielleicht sogar schon etwas zu breit. Der Aufhänger ist schon kurios: Da schildert sie einen Typen, der pedantisch auf sein Äußeres, speziell auf den Zustand seiner Zähne achtet. Das tut schon fast weh, ihm dabei lesend zuzusehen, wie er reinigt und welcher Tortur er sich freiwillig beim Zahnarzt aussetzt. Und dann ist alles umsonst (die Story heißt nicht umsonst „Abgelaufen“!).«

Christian Weis (Autor):

»Nicole Rensmann malt in »Abgelaufen« das Bild vom perfekten Menschen mit einer kleinen, aber entscheidenden Schwäche. Die vermeintliche Rettung löst sich durch einen »Zahlendreher« im Handumdrehen in Luft auf. Letztendlich eine recht düstere Zukunftsvision, sehr gut in Szene gesetzt. Evtl. wäre es besser gewesen, den »Zahlendreher« optisch im Heft nicht so stark hervorzuheben.«

Axel Kruse:

»Zu Nicole Rensmanns »Abgelaufen« ist zu sagen, dass ich zuerst dachte, eine Story über einen zwanghaften Menschen und seine sich selbst erfüllende Prophezeiung zu lesen. – So etwas lese ich gerne, die Story über das Ablaufdatum ist aber auch nett.«

Bernd Karwath:

»Als ich Nicole Rensmanns Story überflog-flog-flog (im Hintergrund die Spaghetti auf dem Herd…) vergaß ich doch glatt die Spaghetti – uff, zum Glück nur ü-ber-flo-gen! Und bis 2022 noch etwas Zeit …!«

Im Fanzine-Kurier 129, 06/2006 schreibt Armin Möhle:

»In »Abgelaufen« entdeckt der Schöngeist Peter Paprini sein persönliches Ablaufdatum. Er ist nur ein organisches Ersatzteillager. Der Text ist ein gutes Beispiel für eine Pointenstory.«