Vor einigen Tagen habe ich begonnen eine neue Webseite zu gestalten. Das simple-mobile Äquivalent zur html- und javascript-lastigen www.nicole-rensmann.de. Wer dann mit Smartphone oder Tablet zu www.nicole-rensmann.de surft wird automatisch auf die mobile Version weitergeleitet. Natürlich kann auch jeder mit Notebook oder Desktop die neue Seite anschauen. Noch ist sie allerdings nicht fertig. Denn meine Webseite umfasst irgendwas mit 70 Seiten. Copy und Paste funktioniert leider nicht. Alles muss angepasst, teilweise neu geschrieben und überarbeitet werden. Und noch viel schlimmer: Ich finde ständig irgendwelche Link-Leichen und Fehler auf der bestehenden Seite. Die Betriebsblindheit hat große Formen angenommen. Uff. Natürlich könnte ich die html-Webseite auch killen und nur noch eine abgespeckte, vereinfachte CMS-basierende Webseite ins Netz stellen. Ich möchte aber (noch) nicht.
Du machst es vermutlich ähnlich wie ich, denn ich schaue nicht oft auf meine Webseite – nur dann, wenn ich ein neues Buch oder einen Termin einpflegen muss.
Seit 2000 geht das nun schon so. Meine Webseite ist also nichts weiter für mich als Arbeit. Aber ich habe stets das Bedürfnis, Themen, die mich interessieren oder betreffen, zu sammeln. Früher habe ich alles über Stephen King gesammelt. Alles. Und ich hatte auch fast alles. Das ist längst vorbei. Sammlungen habe ich gerne komplett – und meine Webseiten sind eben eine Sammlung über mich selbst, wobei ich dieses Selbst stets mit einem Schritt zur Seite betrachte. All die Marketingaktionen, das Organisieren der Lesungen und die Erstellung von Webseite oder Newsletter führe ich durch, als habe mich die Autorin Nicole Rensmann beauftragt. Denn die ist mir manchmal unheimlich. Autorin. Schriftstellerin. Ein Traum. Gelebt. Genutzt. Doch es erscheint mir falsch mich so zu nennen, wie es die Schriftsteller sollen, die mit ihren Büchern große Erfolge feiern, auf Lesereisen gehen, Preise einheimsen, von den Fans bejubelt und den Verlagen gesehen und geliebt werden. Das bin nicht ich.
„Ich schreibe Bücher!“ das passt besser zu mir. Ich sitze dabei am liebsten in meinem kleinen Kämmerlein. Allein. Hund oder Katze mir zu Füßen liegend. Manchmal Musik auf den Ohren. In jedem Fall Ruhe für meine Gedanken. Nur das Tippen der Tastatur ist zu hören. Jetzt. Und immer, wenn ich schreibe.
Lesereisen, Autorentreffen, Schriftsteller-Seminare? Das ist nichts für mich. Zu viele Menschen, zu viel Gerede, zu viel Herumgelabere und Getue. Zu viel Angst zu wenig Selbstbewusstsein zu haben. Zu viel Kraftaufwand sich gegen andere behaupten zu müssen. Live. Zu viele Geräusche, Gerüche, Emotionen, zu viel Gedanken der anderen, die Rauschen in meinen Gedanken verursachen. Zu viel weg von zuhause, Kinder, Tiere, Mann alleine lassen? Nein. Das bin ich nicht.
Ich möchte Bücher schreiben, mit denen ich meine Leser erfreue. Das müssen nicht viele sein. Aber es wäre natürlich schön, wenn es eine riesengroße Zahl wäre, so groß, dass sie nicht auf das Feld eines Taschenrechners passt. Wunschdenken und Hoffnung – das gehört zum Schreiben auch dazu.
Jetzt, wenn ich Seite für Seite eine neue Webseite einrichte, stelle ich fest, wie schnell die Zeit vergangen ist. Es ist schon 10 Jahre, dass „Anam Cara – Seelenfreund“ erschienen ist und mehrfach nominiert wurde. Und genau so lange, dass ich Dan Simmons interviewt habe – mein erstes Interview für phantastisch! So viele Schriftsteller befragt, unendlich viele Recherchen durchgeführt, sehr viel geschrieben und veröffentlicht – seit damals. Doch dieses hohe Output hat sich verringert in den letzten Jahren. Und ich habe das Gefühl, die Menschen rasen an mir vorbei. All die vielen Autoren, die ich interviewt habe sind heute längst weiter als ich.
Machen wir uns nichts vor: Natürlich denke ich manchmal: „Warum der/die und nicht ich?“
Ich kenne den Grund, ich kenne auch den Zeitpunkt. An einem Punkt meines Lebens habe ich den Sprung verpasst. Nichts ist rückgängig zu machen.
Darum sehe ich die Erstellung der neuen mobilen Seite auch als Abschnitt einer Schriftsteller-Karriere, die 1998 begann. 15 Jahre. Jedes Jahr Veröffentlichungen. Mehrere. Ab dem Jahr 2001 sogar jedes Jahr einen Roman oder zumindest eine Geschichtensammlung – Print und bei Verlagen. eBooks waren nur Beiwerk.
Dieses Jahr – 2013 – ist das erste Jahr seit 1998, in dem ich keine Geschichte und keinen Roman veröffentlicht habe.
Ich habe beschlossen aufzuhören zu müssen – jedes Jahr ein Buch zu veröffentlichen. Ich habe beschlossen neu zu beginnen. Mit dem Schreiben. Mit dem Suchen und Finden. Mit dem Werden und dem Sein. Ich kann nicht ohne schreiben leben. So ist es nun einmal. Es macht mich krank, es macht mich müde und unzufrieden. Traurig.
Es wird Zeit sich Zeit zu lassen. Für gute Bücher und spannende Geschichten. Für Wörter und fürs Schreiben. Jedes Jahr oder alle drei Jahre. In jedem Fall weiter.
In diesem Sinne. Ich beginne jetzt mit einem neuen Abschnitt. Und das fühlt sich seltsam gut an.