Kolumne: Reden wir über den Tod, oder: Organspenden rettet Leben

Als Organspender wirst du nach deinem Tod zum Helden!

Okay, ich weiß, das ist ein schweres Thema. Wer will sich schon mit dem Tod beschäftigen? Das verstehe ich. Mir geht es nicht anders. Doch nach dem Tod ist es zu spät. Darum sollten wir einmal über Organspenden reden. Aus aktuellem Anlass!

Warum das mit dem Ausweis nicht funktioniert

Mit 18 Jahren habe ich meinen ersten Organspendeausweis ausgefüllt. Dann habe ich ihn verloren, ich bestellte ihn neu. Mir wurde das Portemonnaie gestohlen, ich bestellte den Ausweis erneut. Er wurde nass, war zerfetzt … Das Leben ging weiter, die Jahre zogen an mir vorbei. Ich bestellte den Ausweis neu. Ich legte ihn zur Seite, vergaß ihn auszufüllen. Das Leben gab mir ein paar Hürden. Der Ausweis verschwand, ich bestellte ihn neu, ich zögerte, wartete, wollte, aber …

Der Ausweis kann nur dann Leben retten, wenn er in deiner Brieftasche, deiner Handyhülle, Jeans, Handtasche oder deinem Portemonnaie steckt.
Das ist umständlich. Abgesehen davon, dass ein Ausweis in dieser Form für die CO2-Bilanz ungünstig ist. Das Papier muss hergestellt werden, der Ausweis gedruckt und zu den Menschen geschickt werden. In unserer heutigen Zeit ist das nicht fortschrittlich.

Testament und andere Wege

Den Vorschlag von Herrn Spahn zur Widerspruchslösung habe ich befürwortet. Doch diese Lösung ist nun vom Tisch.

In meinem Testament habe ich den Hinweis zur Organspende verankert, aber wer weiß, wann das gelesen wird, für diejenigen, die auf ein Organ warten, ist es dann möglicherweise zu spät. Natürlich habe ich mit meinen Lieben darüber gesprochen, doch wenn ich nicht mehr da bin, kann ich ihnen wirklich zumuten, diese Entscheidung zu fällen? In der Zeit der größten Trauer? Ich finde nicht.

Smartphones haben meist eine Notfall-App, in der auch zusätzliche Notizen eingetragen werden können, wie z.B. Krankheiten. Dort lässt sich auch der Hinweis unterbringen, dass du Organspender bist.

Offiziell aber bleibt momentan nur der Organspendeausweis, wenn du nach deinem Tod Organspender sein willst.

Warum sollte ich nach meinem Tod Organe spenden?


In dieser aktuellen Diskussion zum besagten Thema fiel der Satz: „Der Mensch ist kein Ersatzteillager.“

Das stimmt. Du musst auch nicht zum Organspender werden. Aber hier beschreibe ich mal ein kleines, unangenehmes Bild:

Du bist 55 Jahre alt, du fährst auf der Autobahn, hältst dich an die Geschwindigkeitsregelung, du bist nicht müde, sondern konzentriert und gut drauf. Es ist Winter. Plötzlich wird die Bahn spiegelglatt. Blitzeis, du kannst den Wagen nicht halten, nicht bremsen, nicht zur Seite fahren. Und du bist nicht alleine auf der Straße. Massenkarambolage mit vier Toten, zwanzig Verletzten, davon drei schwer. Einer davon bist du. Du wirst operiert, aber es wird klar, dass du dringend eine neue Niere benötigst, denn beide sind durch den Unfall zerstört.

Anderes Bild:

Deine Kinder sind auf einer Tanzparty. Plötzlich bricht Panik aus. „Feuer! Feuer!“, schreit jemand. In wenigen Sekunden ist der Raum voller Rauch, die Menschen drängen nach draußen, Flammen im hinteren Bereich. Deine Tochter schafft es nicht frühzeitig ins Freie hinaus. Sie erleidet schwerste Verbrennungen. Eine Hauttransplantation könnte ihr Leben retten.

Das sind nur kleine, nicht medizinisch fundierte Beispiele. Was ich damit sagen möchte ist: Jeder von uns kann plötzlich ein neues Organ benötigen – durch einen Unfall, eine Krankheit, das bescheuerte Schicksal.
Darum ist es wichtig, sich für die Organspende nach dem eigenen Tod zu entscheiden, denn es kann jeden treffen, zu jederzeit.

Nach deinem Tod: Organe in den Müll?

Ja, ich weiß, das ist ein ätzendes Thema. Aber der Tod gehört zum Leben dazu.

Du stirbst, so furchtbar das ist, bei einem Unfall. Deine gesunde Niere, dein Herz und deine Leber können einem 18 Jahre alten Mädchen, einem 60 Jahre alten Mann und einer 34 Jahre alten jungen Mutter das Leben retten. Wäre das nicht wunderbar?

Du hast dir nie Gedanken über Organspende gemacht oder bewusst keinen Ausweis ausgefüllt? Deine Entscheidung. Doch dann geschieht das: Die lebensrettenden Organe werden im Krematorium verbrannt oder bei einer Erdbestattung von Würmern zerfressen, bis sie zu Staub zerfallen.

Ekeliges Thema, ja, stimmt, aber so läuft das, wenn wir sterben.

Soll deine Sammlung seltener Gemälde, Antiquitäten, Comics, Büchern, Schmuck, Teddybären, Platten, Mineralien, Briefmarken, Puppen auch verbrannt werden oder hoffst du, dass jemand deine heiß geliebten Sammelobjekte nach deinem Tod genauso wertschätzt wie du?

Du hast Angst, dass damit Unfug getrieben wird?

Das verstehe ich sehr gut. Hey, ich bin Schriftstellerin, ich habe eine grenzenlose Phantasie, wenn es um Organspenden geht. Aber ich glaube daran, dass es viele, gute Menschen gibt, die respektvoll und loyal mit dem Thema umgehen und mir kein schwarzer SUV in die Seite fährt, nur weil jemand meine Organe möchte. Ich glaube daran, dass die Ärzte versuchen, mein Leben zu retten und nur dann, wenn es für mich keine Rettung mehr gibt, anderen Menschen mit alldem, was ich nicht mehr benötige, ein neues Leben ermöglichen.

Denk noch mal drüber nach. Es ist so leicht, ein Held / eine Heldin zu werden und zu zeigen, wie stark eine soziale Gemeinschaft sein kann!

Ich finde die aktuelle Ausweis-Regelung zur Organspende nicht sinnvoll, aber momentan geht es noch nicht anders. Darum: Wenn du noch keinen Ausweis hast, dann bekommst du den Organspendeausweis und viele weitere Informationen zu diesem Thema auf www.organspende-info.de.

#ichbinorganspender

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