Ich war dabei! Inmitten von ca. 24.000 Menschen. Ich, die Menschenansammlungen meidet, die auf Festen lieber in einer Ecke sitzt und beobachtet, anstatt mitzufeiern. Eine Mutprobe. Geschafft! Aber für die nächsten Jahre reicht es jetzt erst einmal. Was ist am Samstag in Remscheid passiert? Viel. Das kann ich sagen. Ich habe viele Eindrücke gesammelt, mich mal geärgert, oftmals war ich erstaunt, ja sogar schockiert und positiv überrascht. Aber ich beginne einfach mal von vorne:
WDR 2 für eine Stadt 2014
Remscheid gewinnt einen Tag mit Musik und Live-Acts, gesponsert vom WDR 2. Wow. Allein das war schon eine Sensation. Dass dieser Tag dann auf den 06.09.2014 fallen würde, stellte für die Verantwortlichen und die Organisatoren eine doppelte Belastung dar, denn am ersten Wochenende im September findet traditionell das Altstadtfest im Stadtteil Remscheid-Lennep statt. Musik, Trödel, Feiern – drei Tage lang. Absagen? Keine Chance. Beide Festivals blieben und wurden gut gemeistert.
Viele Anwohner haben sich zwar beschwert und über die Straßensperrungen geärgert. Ich persönlich habe den Tag mit Interesse und Vorfreude erwartet. Remscheider meckern gerne. Das Bergische Völkchen ist ein bisschen schwierig zu händeln. Ich bin Lenneperin, da ist die Nörgelgrenze nicht so hoch. (Irgendeine Ausrede muss ich ja finden. ;-) ) Im Gegenteil, ich freute mich auf leere Straßen, keine Autos, Völkerwanderung. Dafür musste ich den Samstagseinkauf verlegen, und Wochenmarkt gab es für mich an diesem Tag auch nicht. Aber mal ehrlich: Dann organisiere ich das eben anders. Funktionierte.

In den Tagen vor dem 06.09. wird der Schützenplatz zu einem neuen Ort. Zäune, Stände und die Bühne werden aufgebaut.
Die eigene Stadt mit neuem Gewand
Beeindruckend, wie sich der Schützenplatz, auf dem sonst Trödelmärkte, die Kirmes und kleine Volksfeste stattfinden, in den Tagen vor dem Konzert veränderte. Mit verkleideten Bauzäunen wurde der Platz abgeschirmt, alle Ausgänge verbaut – und es gibt viele rund um den Platz. Doch Ausgänge können bekanntlich zu Eingängen missbraucht, Waffen, Glas etc. eingeschmuggelt werden. (Geschafft haben es allerdings einige, wie ich später gesehen habe). Im Vorfeld hieß es, bei 22.000 machen wir dicht, dann bei 23.000, mehr lassen wir nicht drauf. Später hieß es: 25.000 dürfen drauf. WDR2 meint über 24.000, die Presse legt noch einen drauf und nennt die Höchstgrenze: 25.000 Besucher. Ich habe nicht nachgezählt, in jedem Fall waren es viele.
Zahlreiche Bier- und Ess-Stände sollten für die nötige Nahrung – flüssig und fest – sorgen. Unzählige Pixie-Klos … naja, sparen wir uns das. Es passte. Doch nicht das Open-Air-Konzert war es, auf das ich mich freute, denn es gab in der Stadt noch andere Ereignisse, die ich mir viel lieber ansehen wollte.
DER Tatort-Pathologe
Jan Josef Liefers, der Schauspieler u.a. bekannt aus dem Münsteraner TATORT als Prof. Boerne trat im Teo Otto Theater auf im Rahmen der WDR2-Sendung MonTalk. Das wollten wir sehen. Unbedingt.
Der organisatorische Ablauf: Es gibt keine Karten. Die Veranstaltung geht von 14.00 h bis 16.00 h. Einlass ist um 13.00 h. Wir gingen zeitig los, kamen gegen zwanzig nach zwölf auf dem Rathausplatz an. Auf der dort aufgebauten WDR2 Bühne traf zum gleichen Zeitpunkt Jan Josef Liefers ein. Welch Timing. Wir blieben die wenigen Minuten, lauschten, klatschten. Machten ein paar Fotos. Auf die Frage, wie Herr Liefers das Remscheider Theater finden würde, antwortete er sehr diplomatisch: »Es hat alles, was ein Theater haben muss.«
Herr Liefers und der WDR2 Moderator schickten uns dann quasi ins Theater. Karten gäbe es nicht, wurde noch einmal betont, wer rechtzeitig kommt, kriegt auch einen Platz. Nun ahnten beide natürlich nicht, wie groß der Ansturm sein würde. Um viertel vor eins trafen wir am Stadttheater ein und verlängerten eine der beiden Schlagen.
Wir warteten. Es war heiß. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Nase und ich hoffte, das mein Deo nicht schon jetzt versagte. Ein Sommertag, der nicht schöner hätte sein können. Wir unterhielten uns mit den Wartenden, die vor und hinter uns standen. Kurze Begegnungen, die zu schnell in Vergessenheit geraten. Ein Gerücht wanderte durch die Reihen. Nur wer eine Karte hätte, käme rein. Aber Karten gab es doch gar nicht!
Doch. Es gab sie. Sie waren bereits verteilt worden, kurz bevor wir kamen. Leider haben wir keine bekommen. Und hatten damit auch kein Glück ins Theater zu gelangen. Ich war sauer.
Wir standen 45 Minuten an, hätten wir gewusst, dass vorher Karten verteilt worden wären, dann hätten wir direkt wieder gehen können (oder wären natürlich schon um elf hingegangen.) Stell ich mich an und komme am Ende nicht rein, weil das Theater voll ist – Pech. Hätte ich halt früher da sein müssen. Aber erfahre ich nach der Wartezeit, nur mit Karte (die es ja eigentlich nicht hätte geben sollen) gibt es Einlass, ist das ärgerlich. Und so wurde ich – und viele um uns herum, die aus zahlreichen anderen Städten angereist waren – zu großen und kleinen Nörglern. Doch alles Schimpfen nützte nichts. De Türen blieben zu.
Die nächste interessante Veranstaltung wäre Herr Gotes Kochshow gewesen. Wir dachten „nun sind wir mal richtig schlau“ und gingen direkt zum Veranstaltungsort. Dort gab es auch Karten, die wurden aber erst ab halb drei verteilt. Wir hätten wieder 45 Minuten warten müssen und dann nochmal 1,5 Stunden bis die Veranstaltung begann. Bis zu diesem Zeitpunkt war der WDR 2 Tag aus unserer Sicht noch nicht gelungen.
Stets zu Fuß machten wir uns auf den Weg zum Schützenplatz. Zeit satt: 15.20 h – Beginn Open-Air-Konzert.
Alkohol noch vor dem Kaffee
Wer auf dem Platz stand, trank. Kein Wasser, die meisten hatten einen Becher mit Bier in der Hand. Halb drei. Mittags. Ob jung oder alt, Mama oder Papa, egal ob das Kind vor dem Bauch gespannt oder an der Hand daneben stand, egal ob die Kinder als Jugendliche mit ihren Freunden das Weite suchten oder gemeinsam mit den Eltern feierten. Sie tranken – die Erwachsenen in höherer Prozentzahl. Vorbildfunktion? Aus meiner Sicht ist da keine vorhanden. Denn wer auf ein Konzert geht, um bereits ab dem frühen Nachmittag zu trinken, ist weder für die eigenen Kinder, noch für die anderer ein Vorbild. In meinen Augen sind einige Menschen tief gesunken. Klar, man kennt sich ja. Wir haben – mein Mann und ich – nichts getrunken. Kein Bier, keinen Wein, kein gar nichts. Hey, das ging übrigens auch und hatte den Vorteil: Ich war am Tag danach müde, aber ein dicker Kopf und ein schaler Geschmack im Mund blieben mir erspart, ich erinnerte mich recht gut an Einzelheiten und mein Geldbeutel ist auch noch voll. Für das Geld kaufe ich mir lieber ein paar gute Bücher oder ein paar feine Lebensmittel auf dem Wochenmarkt, der ja ab Mittwoch wieder regulär stattfindet.
Die Musik
Außer Christina Stürmer (und die bekannteren Songs von Mando Diao) kannte ich keine der Bands. Sorry. Ich höre selten Radio und bin musikalisch auch nicht unbedingt auf dem Laufenden. Macht aber nichts.
Godswill – die Band trat zum ersten Mal vor so einem großen Publikum auf, dabei war zum Zeitpunkt ihres Auftritts der Besucherrekord noch lange nicht geknackt. Deutscher Rockpop. Gute Musik. Ein feiner Einstieg für das Open-Air-Konzert. Sie haben ihre Sache super gemacht, ein bisschen Nervosität war da, das klang in der Ansprache ans Publikum durch. Macht aber gar nichts, gehört dazu und macht die Band viel sympathischer.
Madeline Juno – soll gut gewesen sein. Ich habe den Auftritt verpasst. Tiere versorgen.
Jupiter Jones – habe ich auch nur wenige Songs mitbekommen, es klang aber danach, dass die Jungs dem Publikum gut einheizten. Dann folgte:
Element fo Crime – mit Sänger Sven Regener, den einige vermutlich auch als Schriftsteller kennen. Nun. Ich will es mal so ausdrücken: Sie haben ihr Programm durchgezogen, das Publikum mehrmals darauf hingewiesen, wie ihr Bandname lautet und ansonsten schienen sie sehr froh, die Bühne wieder verlassen zu können. Keine Ahnung, ob dieser introvertierte Auftritt zum Image gehört. Das Publikum schien nicht so begeistert. Ich fands auch nicht so dolle. Sorry.
Christina Stürmer – war das Gegenteil von Element of Crime. Sie spielte mit dem Publikum, rockte auf der Bühne richtig ab. Das hat Spaß gemacht – allen.
Es war dunkel geworden im Laufe all dieser Auftritte, meine Füße schmerzten, mein Rücken kreischte. Zeit um nach Hause zu gehen.
Mando Diao – die ihren Flug verpasst hatten und sich etwas verspäteten, haben wir darum nur am offenen Fenster gehört, während wir den Tag Revue passieren ließen.
Mein Eindruck
Ich verarbeite noch. So viele Gesichter, so viele Stimmen, so viele Gerüche, so viele Laute, so viele Farben, so viele Menschen. Ich verarbeite. Ich bin ein stiller Mensch, ich liebe die Ruhe, ich brauche sie zur Kreativität. Aber ich wollte mir dieses Event nicht entgehen lassen und habe es nicht bereut. Jetzt sortiere ich noch ein bisschen in meinen Kopf herum und vermutlich wird der ein oder andere gesammelte Eindruck irgendwo in einer Geschichte eingearbeitet.
Schönstes Erlebnis: Es mag bei all der Prominenz und Musik seltsam klingen, aber das schönste Erlebnis hatte ich, als mein Mann und ich nach dem Auftritt von Godswill zurück nach Hause gingen, um die Tiere versorgen. Wir schritten über die Straße, auf der sonst die Autos fuhren, mitten auf der Fahrbahn. Hunderte von Menschen strömten uns entgegen, die zum Schützenplatz wollten.
Stromschwimmer: Rrrummrrrummrrrummrrrummrrrummrrrummrrrummrrrumm. Später reihten wir uns wieder ein. Aber dieser Moment fühlte sich besonders an.
Fazit
Tolle Organisation. 100 Punkte in Sachen Sicherheit. Super Konzert. Klasse Stimmung. Einziger Wermutstropfen waren die Karten, die es nicht geben sollte und doch gab.
Danke an alle Organisatoren, das THW, die Polizei, Feuerwehr, Stewards und Stewardessen, Helfer, der Stadt Remscheid, den Bands und natürlich dem WDR 2. Es war ein tolles Event.
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Webtipps:
- Reportage vom WDR
- Das meint die Presse mit vielen Fotos: RP-Online, RGA-Online
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Letzte Aktualisierung: 27.04.2018 – Fotos aufgrund DSGVO entfernt.