Kolumne: Mein Urheberrecht gehört mir

Manchmal möchte ich ein Strauß und drei Affen zugleich sein … die Hände vor den Ohren, vor dem Mund, vor den Augen – nichts hören, nichts sagen, nichts sehen und den Kopf tief im Sand vergraben. So traurig, so wütend, so sprachlos macht mich so vieles, was geschieht. Die Gesellschaft nervt mich. Die Politik nervt mich auch, das nur schnell nebenbei gesagt. Das Schreien nach: „Ich will mehr“ kann ich nicht mehr hören. Das Feilschen um den dümmsten Kopf im Parlament – dazu fällt mir nichts mehr ein. Dieses sich gegenseitig aufpushen und die Meinungsmache im Internet – ich kann es nicht mehr lesen. Ich will auch keine Zeitung mehr lesen, schon bei den Überschriften kriege ich mittelschwere Herzattacken und stelle mir immer wieder die Fragen: „Spinnen die? Sind die bescheuert? Hat der einen Knall? Sonst keine Probleme? Gibt es nichts Wichtigeres? Ogottogottogottogott…“

Sonst keine Probleme oder ein großes Potenzial zum Verdrängen derselben besitzt ein Teil der Internetgemeinde, die auf grüne Piraten steht. Ich finde grün toll, ich liebe Piratenfilme – alles super ökologisch und unterhaltsam, leider ein bisschen ohne Respekt, ohne Ahnung, ohne Meinung. Den „Politikern“ mache ich keinen Vorwurf, sie versuchen immer nur irgendwie den Kopf über Wasser zu halten, denn wenn sie untergehen, reduziert sich ihre „Diät“. Der Jojo-Effekt funktioniert  nicht bei der Bezahlung, hier gibt es nur mehr oder mehr oder eben viel mehr oder – nach peinlichen Auftritten – weniger, was immer noch mehr ist, als der Durchschnitts-Deutsche verdienen kann. Die Grünen sind auf das Schiff der Piraten aufgesprungen, anstatt es zu kentern, nehmen sie Platz – denn Platz gibt es noch ausreichend an Bord. Sie hören sich alles an, nicken mit dem Kopf, trinken Rotwein und essen Käse, vielleicht auch Kaviar. Und stellen fest, dass da draußen viele Leute sind, die Bock auf „Pirates of Politics“ haben. „Prima Idee, da machen wir mit! Sind ja bald Wahlen!“. Ich hätte mir von den vor kurzem noch wachsenden Grünen mehr erwartet.

Eine eigene Meinung haben? Wieso denn, wenn doch ein anderer sie hat. Mit einer eigenen Meinung ecke ich ja nur an. Hauptsache noch ein paar Freunde und Follower mehr. Der Wert, der Inhalt sind unwichtig geworden. Der Mensch, das Wort. Ein Mensch, eine Partei, ein Wort. Ausreichend. Die Möglichkeit, mit nur einem Klick kostenlos an Input zu gelangen – genial. Nur was geschieht mit dem, der den Inhalt gegeben hat, wenn sein Text, sein Werk, nicht mehr geschützt wird?

Schon heute wissen doch die Wenigsten den Autor des Buches, das so toll gewesen ist, weil der Mensch dahinter nicht mehr zählt. Vor einem Jahr habe ich mit „Die kleine Form des Plagiats groß im Kommen“ meinen Unmut über das Thema mitgeteilt.  Das hängt nicht mit Vergesslichkeit zusammen, denn das geschieht mir auch, sondern oft mit mangelndem Respekt – unbeabsichtigt, weil die Gesellschaft zur Oberflächlichkeit verleitet.

Meine Geschichten gehören mir. Ich teile sie mit meinen Lesern gerne, ich nehme an Aktionen teil – auch schon mal kostenlose, ich verschenke Bücher, wenn ich Lust dazu  habe, aber ich möchte darüber bestimmen, wann meine Bücher kostenlos angeboten werden oder in welchem Rahmen ich sie verschenke. Denn letztendlich möchte ich  vom Schreiben leben, und wenn meine Bücher, meine Geschichten nach fünf Jahren oder jetzt sofort nicht mehr durch das Urheberrecht geschützt sind, was bleibt mir dann noch? 

Nichts. Große, gähnende Leere. Nicht nur finanziell, sondern auch in meinem  Herzen.

Es sind doch meine Ideen, meine Worte, meine Bücher – manche gut, manche weniger. Ich will dazu stehen, auch zu den schlechten. Ich will, dass ihr wisst, dass „Niemand“ von mir ist, oder „Ciara“ oder „Firnis“ und nicht von User XYZ, der sagt, dass …, aber noch nie einen Absatz geschrieben hat, der länger als 160 Zeichen ist. Und dabei bin ich – genau – „Niemand“. Doch wer weiß schon, dass die Frau, die Harry Potter geschrieben hat, J.K. Rowling heißt?

Künstler ist ein Beruf. Wir Künstler, egal ob Autoren, Schauspieler, Maler, Sänger oder Musiker, unterhalten die Bürger, um sie vom Alltag abzulenken und ihnen – im besten Fall – wunderbare, spannende und einzigartige Momente zu schenken. Bestraft uns doch bitte nicht dafür!

Das Urheberrecht zu lockern oder gar wegfallen zu lassen, raubt dem Künstler jegliches Eigentum, jeglichen Widerspruch, jeglichen eigenen Willen und am Ende die Existenz. Dann arbeiten wir für lau, ehrenamtlich und zur Belustigung für einen Teil der Internet-Gemeinde.

Darüber würden sich bestimmt alle Arbeitgeber freuen. Die Schlecker-Familie könnte richtig fette Gewinne einstreichen, wenn alle Mitarbeiter umsonst arbeiten würden. Aber wer soll die Mitarbeiter bezahlen? Der Staat? Und wenn der Staat die Mitarbeiter bezahlt, damit diese auch einkaufen gehen können, womit finanziert der Staat die Mitarbeiter? Steuern? Die fallen weg, denn wenn alle Menschen nur noch umsonst arbeiten, gibt es keine Steuern mehr. Dann zahlt auch der Staat nichts mehr. Dann kann auch die Schlecker-Familie keine Gewinne machen, denn keiner geht mehr einkaufen, weil keiner Geld hat …

So funktioniert das nicht.

Geiz ist nicht geil, Geiz ist existenzgefährdend.

Ich zahle gerne für ein gutes Buch. Ich möchte, dass der Autor und sein Werk gelobt und geschützt werden. Nicht, weil ich selbst Autor, sondern weil ich Leser bin und Respekt vor dem Gedankengut, dem Können jeglicher Künstler habe. Und ich möchte nicht, dass jemand nach fünf Jahren mit dem Text machen kann, was er will. Das Urheberrecht ist das Patent des Künstlers, dieses abzuschaffen wäre wie das öffentliche Verbrennen des Grundgesetzes.

Natürlich lade ich mir auch mal ein kostenloses E-Book herunter – völlig legal übrigens – , natürlich verwende ich Software, die kostenlos ist. Aber ob  nun Antivir, OpenOffice oder das kostenlos E-Book – hier hat der Urheber bestimmt, dass diese Programme oder dieses Buch für alle kostenlos zur Verfügung stehen.

Der Urheber soll über seine „Werke“ bestimmen dürfen, bis zu seinem Tod, und darüber hinaus seine Erben. Das ist Respekt. Was ist daran so verkehrt?

Die Bezahlung der Künstler auf der einen, und der Kommerz auf der anderen Seite sind völlig andere Themen und ändern sich bestimmt nicht, wenn das Urheberrecht gekippt wird. Im Gegenteil!

Das Thema im Web:

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.