Rezension: »Stranger Things – Suspicious Minds« von Gwenda Bond / Penguin Verlag

© Cover: »Stranger Things - Suspicious Minds« von Gwenda Bond / Penguin Verlag

Die Netflix-Serie »Stranger Things« ist eine Huldigung an die achtziger Jahren.
Klamotten, Musik, die Freiheit und das Leben, die Bücher und die Filme haben ein Jahrzehnt geprägt und zum Kult werden lassen. Heute werden – rund dreißig Jahre später – Serien und Filme gedreht und Bücher darüber geschrieben. Und wir reden nicht von Dokus – die Achtziger sind die Kulisse großartiger Storys.

Das zeigt auch der Erfolg von »Stranger Things«. Die Serie wurde 2016 mit der ersten Staffel auf Netflix ausgestrahlt und schlug ein wie
»Zurück in die Zukunft« in den Achtzigern.

Die erste Staffel ist eine Hommage an Stephen King, der empfahl die Serie auf seinem Twitteraccount und gab dem Erfolg noch mal einen kräftigen Schubs. Zu Recht. Auch die zweite Staffel erinnert an Horror und Grusel aus den Achtzigern.
Wer die Serie noch nicht gesehen hat, sollte sich bei Netflix anmelden und das schnell nachholen. Ich bin schwer begeistert!

Am 04. Juli 2019 startet die 3. Staffel.

Ob ein Prequel in Romanform sein muss?

Über die Autorin

Gwenda Bond ist in den englischsprachigen Ländern bekannt. Sie hat bereits zahlreiche Romane verfasst, u.a. die Lois-Lane-Serie. Außerdem schreibt sie mit ihrem Ehemann Christopher Rowe zusammen an einer Superhelden-Serie und arbeitet mit anderen Autoren für Romanserien zusammen. Sie hat für zahlreiche Magazine geschrieben, wie Locus, Los Angeles Times oder Publishers Weekly. Gwenda Bond moderiert einen Podcast und ist auch sonst in der amerikanischen Literaturszene aktiv.

»Stranger Things – Suspicious Minds« ist ihr erstes Buch, das ins Deutsche übersetzt wurde. Das könnte ein Durchbruch für den deutschsprachigen Raum werden.

Ins Buch geschaut

Das offizielle Begleitbuch zu Stranger Things.

428 Seiten in einem Taschenbuch mit Klappbroschur. Ausgeklappt zeigt die Rückseite des Covers zwei Filmszenen aus der Serie. Hinten wird auf das Buch zur Serie hingewiesen. Das – in der Tat – ein absolutes Highlight ist. Aber wir bleiben bei dem Prequel, das außerhalb der Serienhandlung spielt und auch optisch keine weiteren Feinheiten aufweist.

Der Inhalt

Die Handlung beginnt in Hawkins, Indiana im Jahre 1969 und endet im November 1970.
Terry gibt sich als ihre Studienkollegin Stacey aus, um an einem psychologischen Projekt teilzunehmen. Dr. Brenner kommt dahinter, doch Terry gelingt es, ihn von sich zu überzeugen. Zusammen mit den anderen Probanden Alice, Ken und Gloria wird Terry in eine neue Einrichtung gefahren, wo die Experimente stattfinden sollen. Schon bei der Ankunft in dem Regierungsgebäude fühlen sich die Vier nicht wohl. Überall stehen bewaffnete Soldaten postiert.
Alle werden unter Drogen gesetzt, müssen jedoch unterschiedliche Prozeduren durchmachen.
Dr. Brenner sieht in Terry besonderes Potenzial, der Grund: Um 15 Dollar zu bekommen, hat sie in dem Anmeldebogen gelogen und sich außerdem für eine andere Person ausgegeben.
Dr. Brenner interessiert sich jedoch noch für eine andere Person, ein fünf Jahre altes Mädchen, das er als „Acht“ bezeichnet, ist ebenfalls in der Einrichtung und wird hinter verschlossenen Türen gefangen gehalten. Ihr richtiger Name ist Kali. Sie nennt ihn Papa.
Während Kali das Institut nicht verlassen darf, sollen Terry und die anderen Drei ihren Alltag fortführen. Sie bekommen Vergünstigungen bei ihrem Studium, allerdings nur, wenn sie die Laborreihe nicht beenden. Skepsis? Kaum. Angst vor den Stromschlägen, den Drogen? Ja. Aber hier dauert es zu lange, bis einer der Teilnehmer Fragen stellt.
Als Terry Kali entdeckt, ändert sich das. Doch Geheimnisse sind in diesem Institut nicht sehr lange geheim.

Welche Verbindung zwischen Terry, dieser Story und der TV-Serie »Stranger Things« besteht, wird ab Mitte des Romans mehr und mehr klar.

Langes Fazit

Manche Handlungen sind unlogisch und wirken übertrieben ausgeführt, als hätte der Text in die Länge gestreckt werden müssen.
Ich empfinde keine Sympathie für die Hauptcharaktere und der Antagonist kann bei mir nicht punkten.
Auch zeitlich passt die Handlung nicht richtig zusammen. Das erste Experiment ist im August (Kapitel 2) , das zweite im September (Kapitel 3). Dann wird plötzlich gesprungen und die Rede ist von mehreren Terminen, die in der Vergangenheit gelegen haben sollen. Doch das nächste Kapitel ist der Oktober.
Immer wieder wird von Krieg gesprochen, doch ob es sich um einen fiktiven Krieg handelt oder um einen der zahlreichen Kriege, die zu der Zeit herrschen, wird erst auf S. 149 deutlich.
Die wenigen Verbindungen zu den siebziger Jahren wirken hineingestreut, ohne die Atmosphäre dieser Zeit darzustellen.

Der Roman liest sich stellenweise langatmig, woran auch die Adjektive schuld sind, die weder die Handlung voranbringen, noch wichtige Informationen bringen. Ich will das mal an einem Beispiel erklären, damit du nicht denkst, was meint die Rensmann denn da:

Beispiel: „Terry schnitt ein großzügiges Stück des süßen Zuckerkuchens mit Cremefüllung ab und brachte es auf einem runden Dessertteller an den Tisch, an dem die letzten Gäste vom Mittagstisch saßen.“

»Stranger Things – Suspicious Minds«, Gwenda Bond, S. 156

Schreibtipp zum Leseverständnis

Für die Handlung ist es egal, ob Terry ein großzügiges Stück abschneidet, sofern derjenige, der das Stück Kuchen bekommt, keine Diät einhalten muss und nun einen Streit mit der Waage heraufbeschwört oder an Diabetes erkrankt ist, kein Insulin zum Spritzen dabei hat und eine Überzuckerung riskiert.
Dass ein Zuckerkuchen süß ist, zeigt schon der Ausdruck „Zucker“ – ein zusätzliches Adjektiv ist sinnlos. Und ob der Dessertteller rund oder länglich ist, wird für die Story nur dann wichtig, wenn er später als Frisbeescheibe verwendet wird, um den Gegner in die Flucht zu schlagen oder als Vorlage dienen muss, um einen Kreis zu malen.
Abgesehen davon klingt für mich der Zuckerkuchen mit Cremefüllung nach Bienenstich. Präzises schreiben erzeugt Spannung, Adjektive bremsen sie aus.

Das hätte dann in diesem Fall so klingen können: „Terry schnitt ein Stück des Bienenstichs ab und brachte es auf einem Dessertteller an den Tisch, an dem die letzten Gäste vom Mittagstisch saßen.“

Und weiter kann es in der Handlung gehen.

Fazit

»Stranger Things – Suspicious Minds« ist der Auftakt der Buchserie zur gleichnamigen TV-Serie auf Netflix, doch als Roman-Prequel zur TV- Serie »Stranger Things« funktioniert das Buch nicht. Der Stil ist solide, manchmal gelingt es der Autorin mich zu packen, dann kommt irgendein unnützer Satz oder eine Flut von Adjektiven und ich bin raus.

Die TV-Serie lebt von dem Zusammenhalt der Kids, den Erwachsenen, der Atmosphäre und dem achtziger Jahre Flair. Davon konnte Gwenda Bond in ihrem Roman nichts einfließen lassen und das macht »Stranger Things – Suspicious Minds« zu einem eigenständigen Roman, der nur marginale Bezüge zur TV-Serie aufweist.

© Cover: »Stranger Things - Suspicious Minds« von Gwenda Bond / Penguin Verlag

Gwenda Bond
»Stranger Things – Suspicious Minds«
Übersetzung: Melike Karamustafa
Penguin Verlag, Februar 2019
Taschenbuch mit Klappbroschur, 430 Seiten
ISBN 9783328104643
15,00 €

Das Buch ist auch als E-Book und Hörbuch erhältlich.

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