Rezension: »Die Stadt der Träumenden Bücher Teil I: Buchhaim« von Walter Moers & Florian Biege / Knaus Verlag

Da ist er, der Grund, warum andere Bücher von Walter Moers auf die lange Bank geschoben werden (müssen).
Der erste Band von »Die Stadt der Träumenden Bücher Teil I: Buchhaim« als Graphic Novel.

Walter Moers hat einen Zeichenstil mit Wiederekennungswert. Florian Biege auch.
Hier haben sich zwei Künstler zusammengefunden, um einem wunderbaren Roman ein buntes, visuelles Antlitz zu verleihen.

Florian Biege arbeitet als freiberuflicher Illustrator in Münster. Sein Können bewies er bereits bei der Sonderausgabe von Walter Moers‘ »Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär«, die er kolorierte.
Darüber hinaus hat er die Graphic Novel »Im Bann der Hexer« zusammen mit Alexander Berger (Ehapa Verlag, 2011) vorgelegt und die interaktive IPad App »Mikas Abenteuer« kreiert. 

Zu Walter Moers muss ich eigentlich nichts sagen. Er ist ein kreativer Freigeist mit Hang zur Provokation, zumindest in seinen Comics. Mir ist der phantasiereiche, wortgewandte Moers lieber, wenn nicht gar der liebste deutsche Autor im Bereich der Fantasy.

Nun ist der vorliegende erste Band kein Comic mit dem „Kleinen Arschloch“ oder über „Jesus“, sondern eine Graphic Novel von und mit Hildegard von Mythenmetz – ein Roman mit Bildern.

»Die Stadt der Träumenden Bücher« erschien 2007 als Roman. Dies sollte der erste Band einer dreiteiligen Buchhaimreise sein.
Es folgte 2011 »Das Labyrinth der Träumenden Bücher« – ein Roman mit Cliffhanger.
Der dritte und letzte Teil »Das Schloß der Träumenden Bücher« wurde bis jetzt verschoben. Dient die Graphic Novel von Teil 1: Buchhaim als Trostpflaster?

Ins Buch geschaut

112 Seiten Hardcover in Comicformat. Im Inneren finden sich – ungefähr in der Mitte –  ausklappbare Seiten. Auf Seite 89 beginnt ein Glossar, in dem alle erklärungsbedürftigen Begriffe der Stadt der Träumenden Bücher erläutert werden. Das Glossar erinnert an das Lexikon »Zamonien« von Walter Moers und Anja Dollinger, die auch das Glossar verfasst hat. In der Graphic Novel sind die Erläuterungen graphisch schöner aufbereitet. Auch die Texte unterscheiden sich voneinander.

Die Graphic Novel beginnt mit einem Gedicht:

In tiefen, kalten, hohlen Räumen
Wo Schatten sich mit Schatten paaren
Wo alte Bücher Träume träumen
Von Zeiten, als sie Bäume waren
Wo Kohle Diamant gebiert
Man weder Licht noch Gnade kennt
Dort ist’s, wo jener Geist regiert
Den man den Schattenkönig nennt.

Hildegard von Mythenmetz folgt mit einem Vorwort, in dem die Leserschaft nach Memmen und Mutigen vorsortiert wird. Ich bin natürlich mutig und lese weiter, tauche wieder in die Welt der Bücher ein, erinnere mich, dank der Grafiken von Florian Biege und der Sprechblasentexte, an Einzelheiten aus der Handlung des Romans. Denn »Die Stadt der Träumenden Bücher« habe ich vor zehn Jahren gelesen – das ist eine lange Zeit.

Ich ertappe mich, dass ich nur die Texte in mich aufsauge und mich nach Buchhaim sehne. Doch das ist ein Fehler, denn die Grafiken sind liebevoll, treffsicher und – ja – kongenial zur Story.

Die Grafiken unterstreichen die Texte. Die Texte geben den Zeichnungen die passende Erläuterung. Das passt alles perfekt zusammen und macht mächtig Spaß.

Trostpflaster? Vielleicht, in jedem Fall Erinnerung an einen großartigen Roman und doch etwas völlig Neues. Eine Geschichte ohne Längen und Schwafelei, farbig interpretiert, mit Moers’schen Phantasiewesen – visuell und bunt.

Die Handlung? Wie viele reale Schriftsteller – ich zähle mich dazu – sucht Hildegunst von Mythenmetz nach dem Orm, dem allumfassenden Großartigen, um den einen perfekten Roman zu schreiben.
Doch bevor es soweit ist, macht sich Hildegunst auf die Suche nach dem Schriftsteller, der das perfekte Manuskript bereits geschrieben hat. Ein Manuskript, das Hildegunst von seinem Dichtpaten Danzelot von Silbendrechsler vererbt bekam.
Die Suche beginnt in der Stadt der Bücher: Buchhaim. Und weil diese Geschichte dem Gehirn eines Walter Moers entsprungen ist, treffen wir auf viele skurrile Typen.

Mehr wird hier nicht verraten. Wer den Roman gelesen hat, kennt die Handlung, wer die Graphic Novel bevorzugt, um Walter Moers kennenzulernen, der wird schnell merken: Hier steckt phantasiestarkes Orm.

 

Fazit

Walter Moers hat, gemeinsam mit Florian Biege, seine künstlerischen Arbeiten – Comic und Roman – vereint. In der ersten Graphic Novel zeigt er, dass eine Geschichte immer wieder neu beginnen und weiterhin spannend sein kann. Großartig!
Sehens- und lesenswert!

 

Walter Moers & Florian Biege
»Die Stadt der Träumenden Bücher Teil I: Buchhaim«
Knaus Verlag, November 2017
Hardcover, 112 Seiten
ISBN 978-3813505016
25,00 €

Diese Graphic Novel ist natürlich NICHT als E-Book erhältlich!


 

Webtipps

 

© Cover: »Die Stadt der Träumenden Bücher Teil I: Buchhaim« von Walter Moers & Florian Biege / Knaus Verlag

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des kostenlosen Rezensionsexemplars.

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